Bessere Daten, bessere Entscheidungen: Datenanreicherung im Server-Side Tag Manager
Erfolg im digitalen Marketing ist maßgeblich von der Qualität der verfügbaren Daten abhängig. Server-Side Tracking und die damit verbundene Datenanreicherung bieten die Möglichkeit, tiefere Einblicke zu gewinnen, präzisere Entscheidungen zu treffen und letztlich Werbebudgets effizienter einzusetzen.
Optimierung nach POAS statt ROAS
Ein entscheidender Vorteil für Unternehmen ist die Optimierung des POAS (Profit on Advertising Spend), der eine präzisere Bewertung der Profitabilität von Marketingmaßnahmen ermöglicht als das herkömmliche ROAS (Return on Advertising Spend) Modell. Insbesondere bei starken Margenschwankungen im Angebot kann dies ein entscheidender Wettbewerbsvorteil sein.
Event Value Attribution
Geschäftsmodelle mit längeren Entscheidungswegen können im besonderen Maße von der Event Value Attribution zwischen verschiedenen Ecommerce Signalen wie z.B. (add_to_cart & purchase) profitieren. Dies bietet eine genauere Erfassung der Customer Journey und hilft auch schon frühe Kaufsignale zu maximieren.
Geschäftsdaten
Darüber hinaus ermöglicht die Einbindung externer Geschäftsdaten, wie z.B. Kundengruppen oder Scoring Werten aus anderen Systemen die Datenlage zu verbessern und so z.B. Kunden in Echtzeit in bestimmte Zielgruppen zu verschieben.
Technischer Überblick
Was ist ein Server-Side Tag Manager?
Ein Server-Side Tag Manager (SSTM) ist eine Lösung zur Verwaltung und Steuerung von Tags, die auf einem Server statt auf dem Client (Browser) ausgeführt werden. Im Gegensatz zu traditionellen Client-Side Tag Managern bietet SSTM zahlreiche Vorteile, darunter verbesserte Performance, erhöhte Sicherheit und bessere Datenkontrolle.
Vorteile des Server-Side Tag Management
- Verbesserte Performance: Da die Tags auf dem Server verarbeitet werden, wird die Ladezeit der Webseite reduziert.
- Sicherheit: Sensible Daten werden sicherer gehandhabt, da sie nicht direkt im Browser verarbeitet werden.
- Datenkontrolle: Bessere Kontrolle über die gesammelten Daten und deren Weiterleitung an verschiedene Tools und Plattformen.
- Datenanreicherung: aus anderen Quellen
Server Side Tag Manager sind also aus vielseitigen Gründen vorteilhaft. Dieser Artikel konzentriert sich im folgenden aber auf das Thema Datenanreicherung.
Datenanreicherung im Serverside Tag Manager
Um Daten in im Server Side Tag Manager anreichern zu können, benötigen wir eine Datenbasis die in Echtzeit verfügbar ist. Diese bietet Firestore in der Google Cloud. Dabei werden die Daten aus einer Datenquelle wie BigQuery zu Firestore übertragen und später durch eine Firestore Variable im Server Side Tag Manager wieder abgerufen.
Use Case I: POAS statt ROAS
Während ROAS (Revenue on Adspend) eine verbreitete Metrik im Online-Marketing ist, die den Umsatz im Verhältnis zu den Werbeausgaben misst, geht POAS (Profit on Adspend) einen entscheidenden Schritt weiter. POAS stellt den tatsächlichen Gewinn in den Mittelpunkt und betrachtet nicht nur den Umsatz, sondern auch die direkten Kosten und Margen eines Produkts oder einer Dienstleistung. Dies hat zur Folge, dass die Einnahmen im Verhältnis zu den Ausgaben normalisiert werden.
Zielgruppe: Google Ads Ecommerce Kunden mit stark unterschiedlichen Margen im Sortiment.
Beispiel:
- ROAS: Wenn ein Unternehmen 100 Euro für Werbung ausgibt und 500 Euro Umsatz generiert, beträgt der ROAS 5 (500 / 100).
- POAS: Hier wird der Gewinn aus den 500 Euro Umsatz nach Abzug der Kosten (z. B. Produktions-, Lager- oder Versandkosten) betrachtet. Wenn der Gewinn nach Kosten 200 Euro beträgt, ergibt sich ein POAS von 2 (200 / 100).
Berechnung des POAS:
- Profit = (Verkaufspreis – Mehrwertsteuer – Einkaufspreis der Ware * (1 – Retourenquote))
Datenherkunft:
- Verkaufspreis: Aus dem Warenkorb des Kunden
- Mehrwertsteuer: Aus dem Warenkorb des Kunden
- Einkaufspreis: Aus dem Shopsystem
- Reourenquote: Berechnet aus dem Shopsystem
Datenquellen der POAS Berechnung
Im konkreten Fall überträgt der Kunde die Einkaufspreise der Produkte in sein Shopsystem. Da wir eine interne Datenübertragung von Shopsystem zu BigQuery haben, war es einfach das Produktdatenfeld aus Shopware zu nutzen um die Berechnung durchzuführen.
Berechnung im Serverside Tag Manager
Nachdem wir als die Profitdaten im Firestore vorhanden sind, müssen Sie durch eine Variable abgeholt werden. Dafür gibt es bereits fertige Lösungen wie beispielsweise Sorteria aus dem sgtm-pantheon.
Die Namensgebung leitet sich laut Git Repo wie folgt ab:
Sorteria – Goddess of safety, and deliverance and preservation from harm. Like the goddess, this project provides safety from end users to your sensitive value data (e.g. profit).
Sorteria adressiert unter anderem das Problem, dass die Profitwerte pro Warenkorbposition berechnet und dann als Gesamtbetrag ausgegeben werden müssen. Details dazu gib es hier.
Beispiel:
- Artikel 1: Umsatz 100€, Profit 50€, Anzahl 1
- Artikel 2: Umsatz 20€, Profit 13€, Anzahl 2
- Gesamt: Umsatz 140€, Profit 76€
Ist der Wert fertig berechnet, kann er an ein beliebiges Conversion-Tag weitergereicht werden, sodass dann der modifizierte Wert festgehalten wird. Aus Gründen der Analyse empfiehlt es sich jedoch immer, auch den normalen Umsatzwert in einem parallelen Ereignis zu tracken, sodass hier immer direkte Vergleiche möglich sind.
Ergebnis
Für den Kunden entsteht die komfortable Situation dass seine POAS Daten, im Gegensatz zu Umsätzen normalisiert sind. Also der Ergebniswert immer gleich viel Geschäftswert darstellt und dieses Ergebnis nicht zwischen den verschiedenen Produkten schwankt. Das Leben des SEA-Managers wird dadurch auch leichter, weil die Vorgaben des Kunden in Zukunft klarer formuliert werden können.
Use Case II: Event Value Attribution
Event Value Attribution ist ein Verfahren bei dem bereits vor dem Kauf, bestimmten Ereignissen ein Wert zugewiesen wird. Es wird also versucht den Verkaufswert „gerecht“ auf wichtige Vor-Kauf Ereignisse zu verteilen.
Ziel des Verfahrens : Das Bidding-System für frühe Ereignisse in Richtung Kauf entsprechend zu belohnen, bei näherungsweise ähnlichem ROAS.
Zielgruppe: Google Ads Kunden mit besonders langen oder komplexen Kaufvorgängen
Beispielrechnung:
Ein Onlineshop verkauf ein Produkt für 100 €. Im Zeitraum von 90 Tagen wurden bei Google Analytics für das Produkt 10 purchase und 100 add_to_cart Ereignisse gemessen. In der Conversion Messung soll nun der Verkaufswert zwischen add_to_cart und purchase aufgeteilt werden, sodass der Verkaufswert 100€ näherungsweise erreicht wird.
10 (purchase) / 100 (add_to_cart) = 0,1 add_to_cart_rate
(add_to_cart_rate * value) / 2 (Anzahl Ereignisnamen) = 5 € add_to_cart_value
value / 2 (Anzahl Ereignisnamen) = 50 purchase_value
Die Abbildung zeigt, wie GA4 Daten aus BigQuery genutzt werden können um sie für den Firestore zur Verfügung zu stellen. Die Datenübertragung zu Firestore funktioniert generell mit dieser Cloud Function.
Datenaufbereitung in BigQuery
Um die add_to_cart_rate zu ermitteln, sollte diese für mehrere Ebenen berechnet werden. Dies ist in BigQuery am einfachsten mit einer SUM() OVER() Window Funktion. Somit erhalten wir pro Zeile nicht nur die add_to_cart_ratio auf Produktebene, sondern auch für die Ebenen item_group_id, product_type, brand und total.
Damit wir als finale add_to_cart_ratio eine möglichst relevante Zahl bekommen können, suchen wir uns diesen mit einem CASE WHEN Statement.
Das CASE Statement sorgt dafür, dass eine Ebene nur genutzt wird, wenn mehr als 10 add_to_cart Aktionen vorliegen. Ist die Aktion nicht hinreichen für die Ebenen product, item_group_id, product_type, brand verfügbar, wird total genommen, was dann die Shopebene darstellt.
Ergebnis
Das Verfahren ist für Kunden nützlich, wenn es eine längere Customer Journey vor dem Einkauf gibt oder ein Gerätewechsel ohne Login wahrscheinlich ist.
So haben Ecommerce-Unternehmen die Chance auch schon frühe Kaufsignale als relevante Belohnung in das Bidding System einfließen zu lassen ohne mit der Angst leben zu müssen dadurch im großen Maße falsche Anreize zu setzen, da die Wertverteilung anhand dynamisch anhand der alten Bewegungsdaten stattfindet.
Fazit
Die Datenanreicherung im Server-Side Tag Manager bietet Unternehmen im digitalen Marketing erhebliche Vorteile. Durch die Fokussierung auf POAS anstelle von ROAS können Unternehmen die tatsächliche Profitabilität ihrer Marketingmaßnahmen genauer erfassen, was besonders bei Sortimenten mit stark variierenden Margen entscheidend ist. Die Event Value Attribution ermöglicht es, den Wert von Vor-Kauf-Ereignissen wie „add_to_cart“ angemessen zu berücksichtigen, wodurch längere und komplexe Customer Journeys besser abgebildet werden können.
Technisch gesehen bietet der Einsatz eines Server-Side Tag Managers verbesserte Performance, erhöhte Sicherheit und eine bessere Kontrolle über die gesammelten Daten. Die Integration von Echtzeit-Datenquellen wie Firestore und BigQuery ermöglicht es, komplexe Berechnungen direkt im Tag Manager durchzuführen und externe Geschäftsdaten effizient einzubinden. Tools wie Sorteria erleichtern dabei die Berechnung und Aggregation von Profitwerten auf Produktebene.
Für SEA-Manager und Marketingteams bedeutet dies eine präzisere Datenbasis, auf der fundierte Entscheidungen getroffen werden können. Werbebudgets können effizienter eingesetzt werden, da die Bewertung der Kampagnenleistung auf tatsächlichen Gewinnen statt nur auf Umsätzen basiert. Die dynamische Wertverteilung minimiert das Risiko von Fehlanreizen und maximiert den Nutzen aus frühen Kaufsignalen.